Das Thema „Krebs“ in Jugendbüchern

Erst kürzlich habe ich ein Jugendbuch gelesen, in dem es um ein 13-jähriges Mädchen ging, bei dem zu Beginn der Geschichte Krebs diagnostiziert wird. Das brachte mich auf die Idee, nicht nur über dieses, sondern generell einen Beitrag über Jugendbücher zu ver-fassen, in denen „Krebs“ thematisiert wird. In den vergangenen Jahren habe ich vier solcher Bücher gelesen und fand sie alle wirklich sehr gut, weswegen ich sie im Fol-genden vorstellen werde.
Achtung! Anders als in meinen üblichen Rezensionen werde ich hier das Ende der Bücher verraten.


Man spricht von Krebs, wenn sich Körperzellen bösartig verändern und zu wuchern beginnen. Die daraus resultierende Wucherung schadet zudem den gesunden Körper-zellen und wird als Tumor bezeichnet. Die Gründe, die zu einer solchen bösartigen Vermehrung von Körperzellen führen, sind verschieden und der Entstehungsprozess komplex. Zu den tödlichsten Arten gehört der Bauchspeicheldrüsenkrebs, Leberkrebs und Hirntumor (beides selten vorkommend) sowie Lungenkrebs (tritt immer häufiger auf).
Laut dem dkfz, dem Deutschen Krebsforschungszentrum, erkrankten 2018 etwa 498.000 Menschen in Deutschland neu an Krebs. Bei Kindern und Jugendlichen sind es etwa 2200 jedes Jahr, denen Krebs diagnostiziert wird. Von diesen überleben etwa mehr als 80 % den Krebs. Zu den häufigsten Arten, die in dieser Altersgruppe auftreten, gehören der Blut-krebs (Leukämie) sowie Hirntumore.
Die Formen von Krebs sind jedoch insgesamt sehr zahlreich, manche davon sind leichter zu bekämpfen und besiegen, manche weniger und einige sind fast ausnahmslos tödlich. Wenn man ein gewisses Alter wohl erreicht hat, kennt wahrscheinlich jeder jemanden oder hat von jemanden in seinem Bekanntenkreis gehört, dem Krebs diagnostiziert wurde. Ich kam vor allem während meiner Schulzeit bereits mit diesem Thema in Kontakt, da eine Lehrerin von mir Krebs bekam, aber auch eine Mitschülerin in ihrer Kindheit Leukämie hatte.
Aus diesem Grund finde ich es sehr gut, wenn es Bücher gibt, welche Kinder und Jugendliche einfühlsam an das Thema Krebs heranführen, ohne es zu verharmlosen.

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„Wie man unsterblich wird. Jede Minute zählt“ von Sally Nicholls
Ab 11/12 Jahren

Dieses Buch habe ich vor vielen Jahren (Beginn der Mittelstufe) gelesen und habe es positiv in Erinnerung.
„Wie man unsterblich wird“ erzählt die Geschichte von dem 11-jährigen Sam, der Leukämie hat. Anstatt normal zur Schule zu gehen, bekommen er und sein Freund Felix, der auch Krebs hat, Privatunterricht.
Die einzelnen Kapitel sind Tagebucheinträge von Sam, welche stets mit einer Liste beginnen. Denn Sam mag Tatsachen und diese hält er auf seinen Listen fest. Gleichzeitig stellt er sich dort jedoch auch (ernste) Fragen und denkt darüber nach, wie z.B. „Warum lässt Gott Kinder krank werden?“, „Tut sterben weh?“ usw. Neben Sams Neugierde ist auch immer wieder seine Sorge und seine Angst präsent, allerdings schafft Nicholls es, dass sich das Buch nicht zu beklemmend lesen lässt.

Die Themen Tod und Trauer werden einfühlsam und aus meiner Sicht auch kind- bzw. jugendgerecht erzählt. Allerdings stirbt Sams Freund Felix im letzten Drittel des Buches und letztendlich endet dieses Buch auch mit dem Tod von Sam.
Ich weiß nicht, wie sich jemand an dieser Stelle fühlt, der selbst Krebs hat. Ich kann mir vorstellen, dass ihn das Ende herunterziehen könnte. Gleichzeitig ist das Ende aber keinesfalls entmutigend – was nun sicher widersprüchlich klingen mag. Ich glaube, es geht darum, wenn man weiß, man hat nur noch wenig Zeit, dass man aus dieser Zeit das beste gemacht hat und wenn man dann am Ende das Glück hat, vergleichsweise friedlich einzuschlafen im Kreise seiner Familie, dann kann dieser Gedanke durchaus etwas tröstliches haben. Ebenso wie das Wissen darum, dass die Familie, die man zurücklässt, nicht verzweifelt und zerbricht an dem Unglück, sondern zusammenhält und weiter-macht.

Sally Nicholls: „Wie man unsterblich wird. Jede Minute zählt“
Übersetzt von Birgitt Kollmann
Hanser Verlag, Taschenbuch, 200 Seiten, 2008
ISBN: 978-3-423-62455-8
8,95 €

Leseprobe:



„Wie ich zum besten Schlagzeuger der Welt wurde – und warum“ von Jordan Sonnenblick
Ab 12/13 Jahren

Dieses Buch habe ich in einem ähnlichen Zeitraum wie das von Nicholls gelesen und mochte es ganz gern. Ich erinnere mich noch daran, dass ich es damals aus unserer Stadtbücherei entliehen hatte – daher hatte ich jetzt leider kein Exemplar für ein Foto mehr zur Hand.
„Wie ich zum besten Schlagzeuger der Welt wurde – und warum“ ist die Geschichte des 14-jährigen Steven, dessen kleinem Bruder Jeffrey eines Tages Leukämie diagnostiziert wird. Vieles ist dadurch auf einmal anders und Steven kommt sich dabei verloren und hilflos vor. Daher konzentriert er sich auf das, was er gut kann: Schlagzeug spielen. Denn laut Jeffrey ist er der Beste der Welt! Steven übt fleißig für ein großes Solo beim Schulkonzert und hofft und bangt, dass sein kleiner Bruder das miterlebt.

Sonnenblick erzählt Stevens Geschichte mit Humor (denn der ist wichtig!) und Mensch-lichkeit. Realistisch wird von den Folgen erzählt, die mit einer plötzlichen Diagnose von Krebs bei einem (Klein-)Kind einhergehen. Die Kräfte zehrende Chemotherapie, die Geldsorgen der Familie, die Hilflosigkeit des älteren Bruders, schlechter Schulzensuren – und wie diese Familie mit all dem umgeht ist einfach lesenswert.
Jeffrey stirbt übrigens nicht am Ende des Buches – im Gegenteil, es gibt sogar einen zweiten Band, „Wie ich das Überleben überlebte – und Mathe doch noch kapierte“, der das Danach aus der Sicht des kleinen Bruders erzählt (zehn Jahre nach den Geschehnissen des ersten Bandes).

Sonnenblicks Buch war 2009 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert gewesen.

Jordan Sonnenblick: „Wie ich zum besten Schlagzeuger der Welt wurde – und warum“
Übersetzt von Gerda Bean
Carlsen Verlag, Taschenbuch, 208 Seiten, 2012
ISBN: 978-3-551-31207-5
6,99 €

Leseprobe (über den Button ‚Blick ins Buch‘):




„Heller als ein Stern“ von Celia Bryce
Ab 12/13 Jahren

Das Buch von Bryce habe ich vor drei Monaten gelesen und hat mich überhaupt erst auf die Idee mit diesem Beitrag über Krebs in Jugendbüchern gebracht.
In „Heller als ein Stern“ steht die 13-jährige Megan im Mittelpunkt, die zu Beginn der Geschichte ein Hirntumor diagnostiziert wird. Die Chemotherapie soll so schnell wie möglichst begonnen werden und so muss sie erst einmal für die erste Behandlung auf eine Krebsstation. Das reist sie natürlich aus ihrem gewohnten Leben – Familie, Freunde, Schule.
Zum Glück ist sie nicht allein auf der Krebsstation. Sie lernt Jackson kennen, einen Jungen in etwa ihrem Alter, der sich sehr um sie bemüht und der es dann auch schließlich schafft, sie für sich zu gewinnen. Leider stirbt er am Ende des Buches, noch bevor die beiden eine Chance auf eine zarte Liebe gehabt hätten.
Megan selbst kann den Krebs besiegen und schafft es, trotz ihrer Trauer um Jackson, schließlich wieder nach vorne schauen zu können.

Das Buch las sich sehr gut, der Erzählstil, die Erklärungen zu manchen Vorgängen im Krankenhaus sowie die eher geringe Seitenzahl (Geschichte mutet eher kurzweilig an) sind passend für ein Jugendbuch. Wenn ich Vergleiche ziehen müsste, würde ich sagen, es ist „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ für Jüngere – auf jeden Fall auch em-pfehlenswert. Der Leser begleitet Megan übrigens mit Hilfe von kleineren Zeitsprüngen über einen längeren Zeitraum, sodass man von Anfang bis „Ende“ dabei ist.
Leider musste ich feststellen, dass es das Buch scheinbar nur noch als E-Book gibt. Bei Interesse also ggf. am besten antiquarisch danach suchen.

Celia Bryce: „Heller als ein Stern“
Übersetzt von Bettina Obrecht
Bloomoon/ars edition Verlag, E-Book, 224 Seiten, 2013
ISBN: 978-3-8458-0147-6
10,99 €



„Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von John Green
Ab 14/15 Jahre

Ich habe Greens Buch unmittelbar nach der Veröffentlichung der deutschen Ausgabe gelesen und schätze es noch heute sehr. Ich weiß nicht, ob ich hier überhaupt groß über den Inhalt des Buches reden muss, da es mittlerweile wohl zu den bekanntesten „Krebs-Büchern“ gehört, was nicht zuletzt auch der Verfilmung mit Shailene Woodley und Ansel Elgort zu verdanken ist.
In „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ wird die 16-jährige Hazel von ihrer Mutter dazu überredet, in eine Selbsthilfegruppe zu gehen. Hazel hat Schilddrüsenkrebs und infolgedessen hat sie mit Depressionen zu kämpfen. Ihrer Mutter zuliebe geht sie zu der Krebs-Selbsthilfegruppe, findet diese jedoch so furchtbar, dass sie nach ein paar Sitzungen alles hinschmeißen will. Aber dann taucht da dieser Kerl auf. Gus ist schlaksig, hat eine Bein-Prothese und ist entwaffnend charmant und schlagfertig. Schon bald entwickelt sich da etwas zwischen ihnen beiden. Sie lernen sich besser kennen, sprechen über Bücher, Videospiele u.v.m. Im Zentrum stehen die Liebe der beiden, ihre Wünsche und Sorgen und natürlich auch der Krebs. Gegen Ende kehrt der vermeintlich besiegte Krebs bei Gus zurück und er stirbt.
Greens Buch ist traurig, aber auch schön und witzig. Ich habe es sehr zu schätzen gelernt, weil es eben kein zuckersüßes Happy Ending hat. Gleichzeitig ist es aber auch nicht zu traurig und Hazel ist eine beeindruckende Kämpferin.

Der Verlag empfiehlt das Buch ab 13, ich würde es allerdings mehr in Richtung 14/15 einordnen.

John Green: „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“
Übersetzt von Sophie Zeitz
Hanser Verlag, Gebunden, 288 Seiten, 2012
ISBN 978-3-446-24009-4
18,00 €

Leseprobe (Button ‚Leseprobe‘):



Alle vier Bücher kann ich empfehlen, allerdings sollte jeder für sich entscheiden, ob das Buch passt – Perspektive und Ausgang einer Geschichte sind immer wichtig und passen nicht zu jedem. Aus diesem Grund habe ich ausnahmsweise auch bei Allen das Ende verraten.

Zum Schluss möchte ich noch auf ein paar Informationsseiten verweisen und ein paar Filme mit gleicher Thematik empfehlen:

Informationen findet ihr auf:

Und hier die Filmtipps (Stand März 2022):
Heute bin ich blond (2013; aktuell auf Netflix)
Das Schicksal ist ein mieser Verräter (2014; aktuell auf Disney+)
Sieben Minuten nach Mitternacht (2016; aktuell auf Amazon Prime)


Rezension und Bilder © Melanie Beck

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