„Das Jagdgewehr“ von Yasushi Inoue

Dieses feine, kleine Büchlein lag dieses Jahr auf meinem Stapel der Bücher, die ich mir für 2021 vorgenommen habe. Da ich mich für japanische Literatur interessiere, nahm ich es bei einem kleinen Antiquariat vor ein, zwei Jahren mit. Im Juni überkam mich dann ganz spontan die Lust darauf und einen Tag später hatte ich es bereits fertiggelesen.


Yasushi Inoue
wurde am 6. Mai 1907 in Asahikawa geboren, das im Norden der japanischen Insel Hokkaido liegt. In seiner frühen Kindheit kam er dann zu seiner Großmutter, einer früheren Geisha, nach Shizuoka, das auf der Halbinsel Izu nahe Tokyo liegt. Dort ging Inoue zur Schule und fing später mit Judo und dem Schreiben von Gedichten an.
Entgegen der Erwartungen seiner Familie, in der die Söhne zu dieser Zeit bereits in siebter Generation als Ärzte tätig waren, entschloss sich Inoue zu einem anderen Studium. Er begann stattdessen mit Jura und später Kunstgeschichte und machte 1936 seinen Abschluss.
Yasushi Inoue veröffentlichte Gedichte, Kurzgeschichten und arbeitete später als Journalist einer Tageszeitung in Osaka. Erst mit fast 50 Jahren gelingt es ihm, sich als freier Schriftsteller zu etablieren.


Über das Buch
Verbrechen, Tod und Liebe – das sind die drei zentralen Themen in diesem schmalen Büchlein von 1958 (jp. Original erschien 1949).
Der namenlose Erzähler berichtet zu Beginn, für eine Jagd-Zeitschrift ein Gedicht verfasst zu haben. Inspiriert wurde er von einem Jäger, den er vor einiger Zeit mehr zufällig am Fuße des Amagi-Berges beobachten konnte. Wenige Wochen nachdem das Gedicht abgedruckt wurde, erreicht ihn ein Brief eines Mannes, der sich in diesem Gedicht wiedererkennt. Er fühlt sich von dem Dichter seltsam verstanden und möchte ihm noch mehr anvertrauen. Der Briefeschreibende sendet ihm daraufhin drei weitere Briefe zu, die allerdings nicht von ihm verfasst wurden, sondern von drei Frauen aus seinem Leben: ein Brief von Shoko, der Tochter seiner Geliebten, einer von seiner Ehefrau Midori und der letzte von Saiko, seiner Geliebten. Aus ihrer Perspektive tastet man sich an das vage Leben des Briefeschreibers und Jägers heran und erfährt von Verbrechen, Tod und Liebe.


Meine Meinung
Ein Verbrechen wird aus drei verschiedenen Perspektiven in Form der drei Briefe erzählt. Aber darin geht es auch um Liebe, Trennung, Tod und nicht zuletzt auch um Einsamkeit. Mir hat die Herangehensweise durch die drei Briefe sehr gut gefallen, wenngleich der ominöse Briefeschreiber bzw. seine Gefühle und seine Person bis zuletzt nicht richtig zu fassen sind.
In der deutschen Übersetzung besticht Das Jagdgewehr durch eine ruhige, klare Sprache. Durch den großzügigen Seitenrand und der eher geringen Seitenzahl (etwas weniger als 100 Seiten), ist Inoues Geschichte sehr kurzweilig. Da wünscht man sich glatt noch etwas mehr – aber gleichzeitig ist die Geschichte, so wie sie ist, absolut ausreichend und rund.
Zudem erhält man einen Einblick in die japanische Mentalität – das Verschweigen oder Schweigen über bestimmte Themen, Gefühle ect. ist mir auch schon in anderen japanischen Büchern (Morris Die Blumen von Hiroshima oder Muratas Die Ladenhüterin) begegnet und lässt sich auch in diesem wiederfinden. Ich werde ganz sicher noch mehr von Inoue lesen, da mir das Buch wirklich gut gefallen hat – von mir gibt es 4 von 5 Sternen und das Versprechen, dass dies nicht die letzte Rezension über eines von Inoues Werke sein wird.


Einen Beitrag des SWR über eben dieses Buch findet ihr unter folgendem Link 
(Achtung, enthält Spoiler!):


Yasushi Inoue: Das Jagdgewehr
Übersetzt von Oskar Benl
Suhrkamp Verlag, Taschenbuch (broschiert), 112 Seiten, 2019 (1998)
ISBN: 978-3-518-39409-0
7,00 €



Rezension und Bilder © Melanie Beck

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