"Das Mädchen Orchidee" von Pearl S. Buck

Ich bin mit der leisen Erwartung an dieses Buch herangegangen, dass es mir wahrschein-lich gar nicht gefallen wird und ich es nach ein paar Seiten wieder weglege. Aber dann kam es doch anders und im Nu hatte ich die ersten Seiten gelesen und war gespannt, wie es weitergeht.
Dieser Beitrag erscheint heute anlässlich des Geburtstages von Pearl S. Buck - sie wäre heute 129 Jahre alt geworden!💗


Pearl Sydenstricker Buck wurde am 26. Juni 1892 in Hillsboro, West Virginia geboren. Ihre Eltern stammten aus Deutschland und Holland und waren als Missionare tätig. Als Pearl fünf Jahre alt wurde, gingen ihre Eltern mit ihr nach China, wo Pearl ihre Kindheit und Jugend verbrachte. Auf diese Weise lernte sie nicht nur die chinesische Sprache, sondern auch die chinesische Kultur und Traditionen kennen.
Bis zu ihrem 15. Lebensjahr wurde Pearl daheim unterrichtet und besuchte erst danach für zwei Jahre eine Schule in Shanghai. Daraufhin führte sie ihr Weg an ein College in Amerika. Dort fühlte sie sich jedoch damals sehr fremd – und so kehrte sie wenige Jahre darauf zurück nach China. In Nanking kümmerte sie sich schließlich um ihre schwerkranke Mutter.
1917 heiratete Pearl den amerikanischen Missionar und Professor J. L. Buck, von dem sie sich jedoch 1935 wieder scheiden ließ. Pearl arbeitete zu diesem Zeitpunkt bereits als freie Schriftstellerin und hatte unter anderem Die gute Erde (1931) geschrieben. Für dieses Werk erhielt sie den Pulitzerpreis sowie 1938 den Nobelpreis für Literatur. In den 1930ern kehrte Pearl wieder zurück nach Amerika, schrieb fleißig weiter und heiratete den Verleger Richard Walsh. Mit ihm lebte sie letztendlich auf einer Farm in Pennsylvania und sorgte für zwei eigene und mit der Zeit auch acht adoptierten Kindern. Sie gründete zudem eine Hilfsorganisation für Kinder mit Behinderung (eines ihrer eigenen Kinder hatte eine Behinderung) sowie für Kinder amerikanischer Väter und asiatischer Mütter. Pearl S. Buck starb im März 1973.
Ihr Werk, das aus mehr als 70 Romanen besteht, zeichnet sich vor allem durch die „China-Romane“ aus, in denen sie entweder das bäuerliche Leben in China thematisiert, oder auch (später) Rassenproblematik.


Über das Buch
Das Mädchen Orchidee (1956) erzählt von Cixi (auch Tsu Hsi), der letzten Kaiserin von China, welche von 1835 bis 1908 gelebt hat. Es wird geschildert, wie die junge Orchidee an den Hof des ebenso jungen Kaisers Hsien Feng geladen wird – zusammen mit einer Vielzahl anderer Frauen – aus denen die zukünftigen Konkubinen ausgewählt werden sollen. Orchidee, die nicht nur schön, sondern auch sehr listig ist, gelingt es tatsächlich ausgewählt zu werden. Sie zieht die Aufmerksamkeit des Kaisers nachhaltig auf sich und wird schon bald dessen Lieblingskonkubine. Allerdings macht sie sich nicht wirklich etwas aus dem Kaiser – ihr Herz gehört ihrem einstigen Verlobten und Vetter Jung Lu. Doch anstatt ihrem Herzen zu folgen, entscheidet sie sich für ihren Verstand. Orchidee wird schließlich schwanger und bringt einen Sohn zur Welt. Da die Frau des Kaisers nur ein Mädchen zur Welt gebracht hat, wird Orchidees Sohn letztendlich zum Erben des Kaisers (und des Titels), welcher früh verstirbt. Dadurch wird Orchidee zur Kaiserinmutter und erhält den Namen Tsu Hsi. Dies ist aber nur eine Station ihres langen beeindruckenden Lebens und ich möchte an dieser Stelle auch nicht zu viel verraten.
„So grausam und rachsüchtig sie manchmal sein konnte, so gütig und liebevoll konnte sie auch sein, und zwischen diesen zwei so verschiedenen Seiten ihres Wesens hatte er sich sein ganzes Leben lang unsicher bewegt.“ (S. 317)

Meine Meinung
Pearl S. Buck schildert in ihrem Roman das Leben dieser historischen Person und zeichnet sie als sehr zwiespältige Persönlichkeit. Einerseits kann sie sehr zärtlich und gönnerhaft sein, auf der anderen Seite aber auch sehr starrsinnig, jähzornig und impulsiv. Ihretwegen mussten viele Köpfe rollen… Orchidee bzw. Tsu Hsi ist sehr ehrgeizig und von ihrem Werdegang zu lesen, war faszinierend und interessant. Besonders, weil man nebenher auch noch einiges über die chinesische Geschichte und Kultur erfährt – über die Streitigkeiten zwischen Chinesen und Mandschu, der Einfall der Ausländer (Engländer, Franzosen, Deutschen, Russen und Amerikaner), die Opiumsucht (Opiumkriege) bis hin zu den Boxeraufständen. Aber eben auch über Feste, Gepflogenheiten und Traditionen. Das Buch bietet viele Einblicke, es ist allerdings eindeutig ein Roman und will keine korrekte Biografie der letzten Kaiserin Chinas sein!
Ich habe mich beim Lesen nie gelangweilt (bin aber auch sehr an der asiatischen Kultur interessiert) und finde, dass die deutsche Übersetzung sehr gut zu lesen war. Mir hat Das Mädchen Orchidee wirklich gut gefallen, es hätte allerdings auch etwas kürzer sein können, daher gibt es von mir 3,5 von 5 Sternen.


Fun Fact: Pearl S. Buck ließ sich von der Biografie Tsu Hsis inspirieren, welche von Edmund Blackhouse und John Bland geschrieben und 1910 veröffentlicht wurde. Bereits in den 1970ern fand die Forschung jedoch heraus, dass die Quellen, worauf diese Biografie sich stützte, gefälscht waren. Ganz so jähzornig und berechnend war Tsu Hsi also wohl gar nicht, wie sie auch in Das Mädchen Orchidee geschildert wird.



Da ich das Buch aus dem öffentlichen Bücherregal habe, handelt es sich dabei mal wieder um eine ältere und leider auch vergriffene Ausgabe. Ich habe euch daher mal die neuste Ausgabe vom Unionsverlag herausgesucht, falls ihr interessiert seid:

Pearl S. Buck: Das Mädchen Orchidee
Übersetzt von Hans B. Wagenseil
Unionsverlag, Gebunden, 448 Seiten, 2011
ISBN 978-3-293-20537-6
16,95 €



Rezension und Bilder © Melanie Beck

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