„Die zehn Kinder, die Frau Ming nie hatte“ von Eric-Emmanuel Schmitt

Ich habe im vergangenen Jahr von Eric-Emmanuel Schmitt Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran gelesen, was mir sehr gefallen hat. Aus diesem Grund hatte ich beschlossen, auch noch ein paar seiner anderen Bücher zu lesen und so kam ich schließlich auf Die zehn Kinder, die Frau Ming nie hatte.


Eric-Emmanuel Schmitts Milarepa, eine Art Monolog über den Buddhismus, wurde 1997 im Théâtre de Vidy in Lausanne als Koproduktion mit dem Théâtre des Gémeaux de Sceaux uraufgeführt. Dieses Werk inspirierte Schmitt zu Le Cycle de l’invisible (dt. „Zyklus des Unsichtbaren"), eine Reihe von Erzählungen, in denen es um die großen Welt-religionen geht. Zu diesen gehört neben Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran (Sufismus) und Oskar und die Dame in Rosa (Christentum) auch Die zehn Kinder, die Frau Ming nie hatte (fr. Les dix enfants que madame Ming n'a jamais eus), bei dem es sich um den sechsten Band dieser Reihe handelt. Dieser erschien 2012 und thematisiert unter anderem die Lehren des Konfuzius.


Zum Buch
In Die zehn Kinder, die Frau Ming nie hatte reist der namenlose französische Protagonist nach China, um dort Geschäfte abzuwickeln. Für diese sind mehrere Verhandlungen notwendig, die immer in ein und demselben Hotel stattfinden. Um seine Handelspartner zusätzlich ein wenig zu zermürben, geht er regelmäßig auf die Toilette – und genau dort begegnet er Frau Ming. Sie regiert sozusagen über die Männertoiletten als „dame pipi“ und kümmert sich dort um die Sauberkeit. Um sein Kantonesisch ein wenig aufzubessern, beginnt der Protagonist ein Gespräch mit ihr und erfährt so von ihren zehn Kindern. Zehn Kinder. In China. Innerlich stutzt er und bezichtigt Frau Ming der Lüge und Hochstapelei. Immerhin herrscht in China die Ein-Kind-Politik. Doch Frau Ming wird nicht müde von ihren Kindern zu erzählen, die verstreut im Land wohnen, und verknüpft dies immerzu auch mit kleinen Weisheiten und Lehren des Konfuzius.
Der Protagonist ist jedoch hin und hergerissen. Einerseits ist er fasziniert von Frau Ming, ihren weisen Worten, ihrer wunderbaren Art zu erzählen und der Liebe einer Mutter, mit der sie von ihren Kindern spricht. Lügt sie ihn tatsächlich an? Ist sie vielleicht wahnsinnig? Oder hat sie tatsächlich gegen das Gesetz verstoßen und hat zehn Kinder? Wo hört Wahrheit auf und wo fängt eine Lüge an? Und inwiefern gibt uns der Titel der Geschichte hier tatsächlich die Antwort? Und was von dem, was Frau Ming ihm erzählt, hilft womöglich auch dem Protagonisten, um zu wachsen und sich über manches klar zu werden?
Schmitts Geschichte wandelt auf einem schmalen Grat zwischen Wahrheit und Lügenmärchen, vollgespickt mit philosophischen Weisheiten, an dessen Ende der Leser schließlich eine Antwort erhält.

Meine Meinung
Was ich an Schmitts Werken schätze, ist die Leichtigkeit seiner Sprache (hier auch ein Lob an die deutsche Übersetzung!). Sie ist klar, verständlich und lässt sich gut lesen. Der Anfang hat mir sehr gut gefallen und ich dachte sofort, was für eine beeindruckende Frau diese Frau Ming ist. Doch dann nahm die Geschichte ihren Lauf und ich tat mich immer schwerer damit, sodass ich letztendlich drei Tage gebraucht habe, es fertig zu lesen. Obwohl der Seitenrand und die Größe der Schrift recht großzügig sind und man sicherlich das Buch locker an einem Tag schaffen könnte.
Meine größte Abneigung gilt dem Protagonisten. Dieser verurteilt Frau Ming in seinen Gedanken aufs krasseste und ist, meiner Meinung nach, ein Idiot. Da rettet ihn auch nicht die Erkenntnis und sein Handeln am Ende der Geschichte. Außerdem erinnerten mich diese Weisheiten von Frau Ming zunehmend an Glückskekszettelchen, die nach meinem Geschmack zu oft eingebaut wurden. Alles in allem war ich also eher enttäuscht von dieser Geschichte Schmitts und daher gibt es von mir auch nur 2 von 5 Sternen.



Wer sich mehr über Eric-Emmanuel Schmitt und seine Werke informieren will, kann sich ja mal seine Homepage anschauen:
https://eric-emmanuel-schmitt.com/starseite-internetseite-offizielle.html



Eric-Emmanuel Schmitt: Die zehn Kinder, die Frau Ming nie hatte
Übersetzt von Marlene Furcht
Fischer Verlag, Taschenbuch, 112 Seiten, 2019
ISBN: 978-3-596-19817-7
11,00 €


Rezension und Bilder © Melanie Beck

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