"Sense and Sensibility" von Jane Austen

Vor einigen Jahren habe ich bereits Jane Austens berühmten Roman Stolz und Vorurteil gelesen, der mir sehr gut gefallen hat. Natürlich nahm ich mir dann vor, auch ihre anderen Werke zu lesen und war vor allem neugierig darauf, wie sie sich auf Englisch lesen würden. Den Film Sinn und Sinnlichkeit mit Emma Thompson, Kate Winslet, Alan Rickman und Hugh Grant kenne ich bereits seit einer Weile und auch er hat mir sehr gut gefallen, sodass ich mich schließlich für Sense and Sensibility entschieden habe. 


Jane Austen wurde 1775 in Südengland als siebtes Kind des Pfarrers George Austen und seiner Frau Cassandra geboren. George Austen besaß eine umfangreiche Bibliothek, welche Janes Interesse an Literatur früh weckte und förderte. So ist es wohl auch nicht verwunderlich, dass sie bereits im zarten Alter von zwölf Jahren begann, Prosa und Satire zu verfassen. 
1811 wurde dann Janes erster Roman veröffentlicht: Sense and Sensibility. 1813 folgte Pride and Prejudice (Stolz und Vorurteil), 1816 Emma und in den darauffolgenden Jahren weitere Werke wie Northanger Abbey oder Mansfield Park, welche Jane Austen weltberühmt machten. Bis es allerdings soweit war, dauerte es einige Jahre, denn anfangs wurden Austens Werke noch unter dem Pseudonym „by a lady“ veröffentlicht. 
Mit 41 Jahren erkrankte Jane plötzlich schwer und starb schließlich im Sommer 1817 in Winchester. Das Landhaus, in dem sie ihre letzten Lebensjahre zurückgezogen verbracht hatte, ist heute ein ihr gewidmetes Museum, das Jane Austen’s House. 


Sense and Sensibility läuft heutzutage im Deutschen unter dem Titel „Verstand und Gefühl“ oder auch „Vernunft und Gefühl“. Von der älteren Übersetzung, die den Titel noch mit „Sinn und Sinnlichkeit“ übersetzt hatte, hat man sich vor einigen Jahren distanziert, da sie nicht ganz das trifft, was im Englischen damit gemeint ist: der Gegensatz von Verstand und Gefühl. Mit eben diesem Wortpaar lässt sich nämlich sehr gut die beiden Schwestern beschreiben, um die es in dieser Geschichte Austens geht. Elinor und Marianne Dashwood, die um 1800 in Norland Park, Sussex leben, sind sich nicht sonderlich ähnlich. Elinor ist besonnen, vernünftig, immer um das Wohl anderer besorgt und eher zurückhalten von ihrer Art. Marianne hingegen ist von romantischer Natur und sehr leidenschaftlich in den Dingen, die ihr am meisten bedeuten und das ist neben ihrer Familie vor allem die Poesie. Sie kann ihre Launen nicht so gut verbergen, hat einige feste Vorstellungen und tut sich schwer damit, wenn jemand einer ganz anderen Meinung oder Ansicht ist als sie. Aber obwohl sich Elinor und Marianne so unterscheiden, so besitzen beide Schwestern doch ein gutes Herz. Allerdings reicht ein gutes Herz in der damaligen Zeit nicht aus, um eine gute Partie zu machen. Zu Beginn der Geschichte verstirbt Elinor und Mariannes Vater, woraufhin sie finanziell nicht mehr so gut gestellt sind. Sie müssen zusammen mit ihrer Mutter und ihrer jüngeren Schwester Margaret aus ihrem vertrauten Heim ausziehen und finden ein neues, allerdings auch wesentlich kleineres Zuhause in Barton. 
Dort verliebt sich Marianne Hals über Kopf in den nicht minder romantischen Mr. Willoughby, der zu dem Typ Mann gehört, über den alle jungen Frauen tuscheln. Mit ihm musiziert und singt sie und hat nur noch Augen für ihn. Indessen fühlt sich Elinor zu Mr. Edward Ferrars hingezogen, welcher der Bruder ihrer Schwägerin ist. Nur leider ist ihm bereits eine andere versprochen. 
Wie am Ende doch beide Schwestern noch ihr Glück finden und welche Rolle eigentlich der ehrenwerte und verlässliche Colonel Brandon spielt, werde ich an dieser Stelle nicht verraten. 


Zuallererst muss ich klarstellen, dass es definitiv von Vorteil war, dass ich bereits die Verfilmung kannte, wenngleich diese auch an ein paar Stellen vom Buch abweicht. Denn das eher altmodische Englisch war für mich nicht immer so leicht zu übersetzen und deswegen kamen mir wohl auch einige Passagen sehr langatmig vor. Man sollte daher auf jeden Fall doch etwas fitter sein oder vertrauter mit dem älteren Englisch, ehe man sich an den Originaltext wagt. Außerdem kann es nicht schaden, sich einen kleinen Zettel mit den ganzen Namen und den Beziehungen der Personen nebenbei anzufertigen, denn ansonsten kommt man ganz bestimmt bei all den Namen der Nebenfiguren durcheinander. Nichtsdestoweniger ist es ein wundervolles Buch und besonders die letzten 100 Seiten waren sehr ereignisreich und fesselnd. Zudem versteht Austen es einfach wunderbar, Gesellschaftskritik in ihren Werken zu üben, die meiner Meinung nach noch heute Gültigkeit hat. Allerdings merkt man auch, dass es sich bei Sense and Sensibility um ein sehr frühes Werk von Austens handelt, womöglich auch eines der frühesten überhaupt, denn das eine oder andere wirkte auf mich noch nicht ganz so ausgereift, wie es z.B. dann in Stolz und Vorurteil der Fall ist. Das betrifft zum Beispiel ein paar Stellen am Ende des Buches.
Aus diesem Grunde gebe ich dem Buch 3,5 von 5 Sternen. 


Noch eine kurze Kritik bezüglich des Äußeren – das ist allerdings auch Nörgeln auf höchstem Niveau. Es betrifft das Bild auf dem Cover des Buches, das von dem Künstler Joaquin Sorolla gemalt wurde, wie man der Rückseite des Einbandes entnehmen kann. Das ist unbestreitbar ein wunderschönes Bild, aber es hat rein gar nichts mit der Geschichte zu tun. Mit Ausnahme vielleicht davon, dass zwei Frauen darauf zu sehen sind, aber unter diesem Gesichtspunkt wären wohl noch zahlreiche andere Bilder in Frage gekommen. Das Meer kommt in dem Buch gar nicht vor und spielt auch keine Rolle. Weiterhin entspricht die Kleidung der Frauen eher der Mode des frühen 20. Jahrhunderts und nicht der des 19. Jahrhunderts, welche richtig gewesen wäre. 
Ich bin kein großer Fan von Covern, die der Geschichte nicht entsprechen, da ich dann immer das Gefühl habe, dass die Leute das Cover nur gewählt haben, weil es vielleicht hübsch aussieht und sich gut verkaufen lässt und nicht, weil es zur Geschichte passt. Da wäre es wesentlich besser, das Cover schlicht bzw. ornamental zu gestalten. 


Hier noch der Link zum Museum Jane Austen’s House: https://janeaustens.house/ 
Auf der Seite kann man sich virtuell im Museum umschauen! 



Wer sich für eine deutsche Variante von Jane Austens Sense and Sensibilty interessiert, dem empfehle ich das Buch vom Coppenrath Verlag. Das kostet zwar deutlich mehr, kommt aber auch mit einigen Extras daher und wird im Internet von vielen sehr gelobt.

Jane Austen: Sinn und Sinnlichkeit 
Illustrationen von Marjolein Bastin 
Coppenrath Verlag, Gebunden, 320 Seiten, 2019 
ISBN: 978-3-649-63146-0 
30,00 € 

Meine englische Ausgabe:
Jane Austen: Sense and Sensibility 
Illustrationen von Hugh Thomson 
Wordsworth Classics Verlag, Taschenbuch, 294 Seiten, 2000 
ISBN: 978-1-853-260-162 
Ca. 15,00 – 16,00 €


Rezension und Bilder © Melanie Beck

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