„Peter Pan“ von James M. Barrie

Peter and Wendy 

Vor sieben Jahren bekam ich von einer Freundin, die damals Kommunikationsdesign studierte, dieses Buch geschenkt. Sie hatte es für ihr Studium anfertigen müssen und konnte den Originaltext gemeinfrei über das Projekt Gutenberg beziehen (worauf ich später noch einmal eingehen werde). Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich Peter Pan lediglich auf meinem E-Reader gelesen, aber nach ein paar Seiten abgebrochen – was jedoch weniger am Buch als am E-Reader lag. 
Natürlich hatte ich zuvor auch schon nach deutschen Übersetzungen geschaut, konnte aber keine finden, die mir gefiel. Viele deutsche Kinderbücher enthalten nur die gekürzte Fassung und manch andere eine ganz seltsame Übersetzung (wo z. B. Tinker Bell „Gypsy Bell“ heißt…). Also nahm ich Abstand von den deutschen Übersetzungen und dachte, ich probiere es einfach mit dem englischen Original. 


James Matthew Barrie wurde 1860 als eines von zehn Kindern der Familie Barrie in Schottland geboren. Er arbeitete als Journalist, verfasste Kurzgeschichten und begann schließlich, nach seinem Umzug nach London, fürs Theater zu schreiben. Es dauerte etwas, doch schließlich hatte er darin Erfolg. 1897 hatte Barrie eine schicksalhafte Begegnung – ohne die es Peter Pan wohl nicht gegeben hätte. Er traf auf einem seiner Spaziergänge in Kensington Gardens in London die Söhne von Sylvia und Arthur Llewelyn Davies. Zwischen ihm und den Kindern entwickelte sich daraufhin eine enge Freundschaft, die er auch in seinem Buch The Little White Bird verarbeitet hat. In eben diesem Buch tritt die Figur des Peter Pans erstmals auf und später wird dieser Teil der Geschichte gesondert als Peter Pan in Kensington Gardens veröffentlicht. 
Aus der Geschichte des Jungen, der nie erwachsen werden wollte, machte James M. Barrie ein Theaterstück, das am 27. Dezember 1904 uraufgeführt und als Sensation gefeiert wurde. 1911 adaptierte Barrie es dann als Erzählung: Peter and Wendy, welche heute oftmals einfach unter dem Titel Peter Pan publiziert wird. 

Peter Pan-Statue in London, Kensington Gardens

Peter Pan zählt zu den bekanntesten Kinder- und Jugendbüchern des 20. Jahrhunderts, das seinen Schöpfer, James M. Barrie, berühmt machte. Zahlreich sind die Verfilmungen dieser Geschichte und auch Literatur, Musik und Theater haben sich oft von Peter Pan inspirieren lassen. 

Worum geht es nun also in Peter Pan bzw. Peter and Wendy
Auf der Suche nach seinem verlorengegangenen Schatten findet sich Peter Pan mit der Fee Tinker Bell in dem Kinderzimmer der Familie Darling wieder. Dort lernt er Wendy Darling und ihre beiden Brüder John und Michael kennen, die er kurzerhand nach Nimmerland [Neverland] mitnimmt. Dieses Land oder besser gesagt diese Insel verspricht all das, wovon viele Kinder träumen: Abenteuer, Indianer, Piraten (allen voran: Kapitän Hook!), wilde Tiere – für Kinder klingt das paradiesisch und aufregend, doch in Wahrheit ist es vor allem sehr gefährlich und das wird dem (erwachsenen) Leser auch an einigen Stellen bewusst. 
Prinzipiell denke ich, dass man als Erwachsener diese Geschichte anders liest als ein Kind – wobei ich dieses Buch keinem Kind unter 10 Jahren in die Hand drücken würde! Dafür ist es an manchen Stellen zu aufregend oder traurig und Peter Pan eignet sich auch nicht gerade als Vorbildfigur. Peter Pan, der immer ein Kind bleibt und sich auch wie eines verhält, der nicht lesen oder buchstabieren kann, übermütig, spitzbübisch und gefährlich unvernünftig ist – und doch einen weichen Kern besitzt. Am Ende des Buches hätte ich diesen Jungen am liebsten ganz, ganz fest gedrückt. 
Welchen Preis Peter allerdings für seine ewige Jugend zahlt, den verrate ich hier nicht, aber es ist offensichtlich, dass es ihn gibt. Und auch den Grund, warum Peter Wendy überhaupt mitnimmt – welcher auch für das Ende der Geschichte eine Rolle spielt – habe ich hier ganz bewusst nicht erwähnt, für all jene, die diesen britischen Klassiker noch nicht gelesen haben. 

Peter Pan steckt voller kleiner Details, wird stellenweise von einem Erzähler erzählt und ist viel trauriger, als es zunächst den Anschein hat. Das zweite Drittel empfand ich als etwas langatmig und ich war zudem an einigen Stellen über die eine oder andere Beschreibung oder Bemerkung überrascht – in denen für mich deutlich wurde, wie traurig diese Geschichte eigentlich ist. Dennoch empfehle ich es, besonders als Erwachsener diesen Klassiker in die Hand zu nehmen und in die faszinierende Welt von Peter Pan einzutauchen. Es steckt definitiv mehr drin als z. B. Disney daraus gemacht hat. Von mir gibt es 4 von 5 Sternen für Barries Peter Pan, das eines ganz deutlich macht: Wir alle werden erwachsen, auch wenn wir das gar nicht wollen. Bis auf Peter Pan natürlich!


James M. Barrie blieb kinderlos und verfügte vor seinem Tod, dass die Einnahmen am Stück dem Great Ormond Street Hospital, einem Kinderkrankenhaus in London, zugutekommen soll. Normalerweise läuft so ein Recht an einem Werk nach einer bestimmten Zeit nach dem Tod eines Autors aus. In dem Fall von Peter Pan verlängerte der englische Staat jedoch die Schutzfrist, was allerdings in Konflikt zum internationalen Recht steht. Aus diesem Grund ist die Frage des Copyrights bis heute nicht richtig geklärt. Die Seite des Projekt Gutenbergs hat dementsprechend auch Barries Peter Pan für Deutschland wieder gesperrt. Ein wirklich sonderbarer Fall, doch an und für sich finde ich es gut, wenn dieses Kinderkrankenhaus weiter an dem Namen "Peter Pan“ verdient. 

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Meine Ausgabe: 
James Matthew Barrie: Peter Pan – Peter and Wendy
Cover (Layout & Design) von Christl Glatz

Eine andere englische Ausgabe: 
James Matthew Barrie: Peter Pan and Wendy
Templar Publishing (Templar Classics), Gebunden, 216 Seiten, 2004
ISBN: 978-1-840112504
Ca. 9,50 €

Deutsche Ausgaben gibt es gebunden und ungekürzt vom Knesebeck Verlag (Schmuckausgabe, 25 €), Coppenrath Verlag (gekürzte Fassung! Schmuckausgabe, 32 €) oder wesentlich günstiger vom Anaconda Verlag (Kinderbuchklassiker Reihe, 4,95 €) in der ungekürzten Fassung. Oder alternativ auch als Hörbuch von Rufus Beck gelesen (cbj audio, ca. 11 €).


Rezension und Bilder © Melanie Beck

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