"Das hier ist Wasser / This is water" von David Foster Wallace
Eine Anleitung zum selbstständigen Denken.
Rezension und Bilder © Elena Dröscher
Der Autor:
Im Jahr 2005 wird der Autor David Foster Wallace vom Kenyon College darum gebeten, die Abschlussrede für die Absolventen jenes Jahrgangs zu halten. Wallace wird 1962 in den USA geboren. Sein Literatur- und Philosophie-Studium schloss er 1985 "summa cum laude" ab, um zwei Jahre darauf seinen Master in Kreativem Schreiben abzuschließen. Aufgrund von Depressionen konnte Wallace seine Promotion nicht beenden und unterrichtete somit Englische Literatur und Kreatives Schreiben in Kalifornien. "Das hier ist Wasser/ This is water" gilt in den USA (nach meiner Recherche) als Klassiker und wird oftmals als Pflichtlektüre für Abschlussklassen verwendet. Wallace stirbt im Jahr 2008.
Das Buch:
Im Grunde legt Wallace den Grundstein für reflektiertes Denken, oder wie er es nennt: Selbstständiges Denken. Ausgangspunkt für seine Rede ist der (trostlose) routinierte Alltag des Erwachsenendaseins in Form von Aufstehen, Arbeiten, Feierabend, Einkaufen, Essen, Schlafen.
Er schildert kurz und präzise, wie frustrierend unser Alltag als Erwachsener sein kann - ja, sein kann, denn er muss es nicht! So gibt Wallace den Absolventen (und uns Lesern) die entscheidende Botschaft mit, sich nicht über den Stau, das lange Anstehen an der Kasse oder Mitmenschen zu ärgern, indem man seine Umwelt aufmerksam reflektiert. Eben selbstständig zu Denken und frei zu denken. Er nennt die Alltagsroutine und unsere vorgefertigte Meinung in unseren Köpfen "Standardeinstellung einer Festplatte", die nur wir selbst zurücksetzen und neuprogrammieren können - durch Reflektion und das Ablegen der Gedankenlosigkeit.
Mein Fazit:
Als knapp 30 Seiten dünne Büchlein, ist "Das hier ist Wasser/ This is water" die perfekte Lektüre für eine kurze Bus- oder Bahnfahrt (oder einen Kaffee auf Balkonien!)
Wallace möchte mit seiner Rede dazu animieren, den eigenen Alltag, die tägliche Routine immer zu hinterfragen und aus dem Trott des vorprogrammierten Denkens auszubrechen. Eine schöne Botschaft wie ich finde, davon ausgehend, dass man als Absolvent das wahre Leben noch vor sich hat. Gleichzeitig sehe ich jedoch auch, dass man auch als Absolvent eines Colleges/ einer Universität während seines Studiums eine gewisse Routine entwickelt hat - durch Nebenjobs, den Stundenplan und Terminfristen. Ich erkenne hier den kitschigen amerikanischen "Abschlussball-Spirit", der mir aus vielen Highschool-Filmen bekannt ist: Endet erstmal die Highschool, eröffnet sich die Freiheit. Dennoch schätze ich die Aussage Wallace sehr und ich habe mich - 27, Vollzeit Texterin, oft gestresst - in den Negativbeispielen immer wieder entdeckt. Nach der 20 Minütigen Lektüre weiß ich zwar, dass sich mein Alltag trotzdem weiterhin gleich abspielen wird, aber es ermutigt mich auch Neuzudenken - meine Hardware neu zu Bestücken.
In Zeiten wie diesen, ermutigt mich die Rede dazu, nicht alles zu engstirnig zu sehen und gleichzeitig das Verhalten meiner Mitmenschen zu reflektieren. Ich nehme mir vor mich nach Feierabend nicht mehr stressen zu lassen, denn schließlich ist es MEIN Feierabend, MEINE Freizeit, für die ich dankbar bin.
Ich hätte mir gewünscht, die Rede wäre an einigen Stellen noch mehr in die Tiefe gegangen. Deshalb möchte ich sie mit 4 von 5 Sternen bewerten und gleichzeitig weiterempfehlen. In Corona-Zeiten kann Wallace helfen den Anstoß zu finden, den es braucht die aktuelle Lage reflektiert, besonnen und mit freien, selbstständigen Gedanken zu überleben.
Wallace, David Foster: "Das hier ist Wasser/ This is water"
Aus dem Amerikanischen von Ulrich Blumenbach
KiWi Paperback Verlag, Taschenbuch, 62 Seiten, 17. Auflage 2016
Umschlagillustration: Rudolf Linn.
ISBN: 978-3-462-04418-8
4,99 €
Rezension und Bilder © Elena Dröscher
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